Was für meine Mutter und meine Schwester die Mutter-Tochter-Shoppingtour, ist für meinen Vater und mich der Ausflug zur CeBIT nach Hannover: eine jährliche Tradition. Mein Vater hatte mich 1994 das erste Mal zur CeBIT mitgenommen. Da war ich noch ein Teenager mit Nirvana-T-Shirt und Kurt-Cobain-Haarschnitt. Am Apple Stand zeigte er mir damals den Apple Newton – einen sogenannten Personal Digital Assistant (PDA). Er gilt heute als Vorgänger des iPhones und iPads. Ich werde nicht vergessen, wie fasziniert mein Vater damals von diesem handlichen Mini-Computer war. Es dauerte nicht lange, da hatte er sich einen Newton angeschafft.
Apple Newton: Eine neue Ära beginnt
Knapp ein Jahr zuvor, am 2. August 1993, begründete Apple mit dem Newton Message Pad die Ära der Personal Digital Assistants. Ursprünglich sollte der Apple PDA BrainAmplifier heißen. Aber in Cupertino entschied man sich letztlich für den Namen Newton Message Pad. Wobei Newton eigentlich der Name des Betriebssystems Newton Intelligence OS war und obendrein auch als Codename während des Entwicklungsprozesses genutzt wurde. Bei den Nutzern hat sich dann schließlich der Name Apple Newton durchgesetzt.
Zum Release 1993 erschien der Apple Newton mit einem 20-MHz-Prozessor, 640 Kilobyte RAM, 4 Megabyte internem Speicher, einem 336 x 240 Pixel Schwarz-Weiß-Display und einem Stift, mit dem man den PDA bedienen und Notizen eingeben konnte. Das klingt heute natürlich irgendwie skurril – bedenkt man die rasante technische Entwicklung. Doch damals war das gar nicht mal so schlecht und eine echte Innovation.
Endlich einer, der meine Handschrift lesen kann!
Als einer der ersten PDAs konnte der Newton – mit ein bisschen Übung – auf dem Display eingegebene Handschrift erkennen und in Text umwandeln. Anfangs nur Schreibschrift, später dann auch Druckbuchstaben. Leider funktionierte das erst ab der Version 2.0 wirklich richtig gut, weil der Prozessor noch zu schwach für die komplexe Schrifterkennungssoftware war.
Außer Notizen konnte man mit dem Apple Newton auch einen Kalender und Kontakte verwalten. Auch war es möglich – und für die Zeit schon ziemlich fortschrittlich –, über den eingebauten Infrarot-Port kabellos Dokumente zu drucken, zu faxen und E-Mails abzurufen und zu versenden.
Was ich im Nachhinein auch sehr bemerkenswert finde: Der Newton war gleichzeitig eines der ersten E-Books! Mit dem neuen Format Newton Books sollte der Buchmarkt revolutioniert werden. Das gelang bekanntlich erst viele, viele Jahre später mit Amazons Kindle wirklich gut …
Goodbye Newton: Das Aus kam mit Steve Jobs
Schrifterkennung, kabelloses Drucken, das Abrufen sowie Versenden von E-Mails, integrierte Notizen-, Kontakte- und Kalenderverwaltung, E-Book-Funktion und dazu auch noch handlich verpackt – alles in allem war der Apple Newton seiner Zeit wirklich weit voraus. Doch es dauerte nicht lange, da übernahmen andere, preiswertere Hersteller, wie Palm, die Marktführung.
Als Steve Jobs zu Apple zurückkehrte, fiel der Newton 1998 – nur fünf Jahre nach seiner Einführung – dem radikalen Umbau der Apple Produktpalette zum Opfer. Viele Funktionen, die beim Newton revolutionär waren, sind heute in Smartphones eine Selbstverständlichkeit. Und obwohl der Newton vom Markt verschwand, bestand noch Jahre danach eine treue Fangemeinde, zu der auch mein Vater zählte. Er hat seinen Apple Newton immer noch.